Weisheit unserer Körper und das Leben

Die Geburt von Cleo begann 4 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin, nach knapp 20 Wochen vorzeitigen Wehen. Die Nabelschnur war nicht wie üblich an der Plazenta befestigt, sondern auf der Fruchtblase, was eine natürliche Geburt vor allem in Verbindung mit einem vorzeitigen Blasensprung knapp neben der Nabelschnur zum lebensgefährlichen Risiko für uns beide machte. Die Chance das während einer Schwangerschaft zu diagnostizieren ist gering, dass wir das überleben noch geringer. Noch während wir im Kreissaal die Nabelschnur auspulsieren liessen, wurde uns diese Seltenheit von der Hebamme sehr anschaulich erklärt. Ich ahnte dieses kleine Wesen war sich dieser Umstände bewusst, sie handelte in Symbiose mit meinem Körper und sorgte dafür zu früh und klein zur Welt zu kommen, um zu leben. Wenn ich damals den Rat meiner Ärztin befolgt hätte mit Wehenhemmern zu arbeiten, hätte das ganze anders enden können.

Cleo wurde nachts um 2:22 Uhr geboren und ich wollte noch am selben Tag nach Hause. Während der Papa also alles vorbereitete, schlief ich allein mit Cleo im Arm ein. Als ich aufwachte, war sie blau, atmete nicht und ihr Minikörper war kalt. Ich sprang auf, schrie um Hilfe. Ich wusste nicht, wie lange wir dort so lagen, aber ich sah vor meinem inneren Auge dieses leere Babybett zuhause stehen und verfiel in eine Art Autopilot. Plötzlich lief die Zeit langsamer und alles fühlte sich an, wie in Watte gepackt. Ich kann dieses Gefühl nur schwer beschreiben, aber ein großer Teil meines Egos ist in diesem Moment gestorben. Ich habe beide meine Kinder aufgrund von vorzeitigen Blasensprüngen in einem anthroposophischen Krankenhaus geboren, was im Gegensatz zu vom Gesundheitssystem gebeutelten Krankenhäusern unter anderem bedeutet, dass es dort keine Fernseher gibt, aber Schwestern und Hebammen zu jeder Zeit in ausreichender Menge.
Die Entscheidung dort zu entbinden, mitten im nirgendwo hat ihr vermutlich das Leben gerettet, denn sofort kam eine Hebamme, um sie mitzunehmen.
Im gleichen Moment spürte ich, wie mich jemand stützend zu dem Behandlungsraum begleitete. Dort wurden Cleos Atemwege abgesaugt, um ihr das Atmen zu ermöglichen und sie zu reanimieren. Die Stille, das Warten auf einen Schrei, auf dieses eine Lebenszeichen waren mit Abstand das Schlimmste, was ich je erlebt habe. Ich war einsam wie nie zuvor.

Endlich schrie sie und hörte danach für 6 Monate nicht mehr auf, nur wenn ich sie stillte, schien sie zur Ruhe zu kommen. In diesen 6 Monaten habe ich maximal eine Stunde am Stück geschlafen, sie schrie in der Trage, im Sitz im Auto, am Tag und in der Nacht. Zu dem Zeitpunkt war ich maßlos überfordert, auch durch die sehr fordernde ältere Schwester. Ich hatte mit jedem anlegen Angst, dass sie an meiner Milch, die sie eigentlich nähren sollte , ersticken könnte.
Ich war durchgehend müde und sehr unzufrieden, vor allem mit meinem Körper, da durch den Schlafmangel mein Stoffwechsel zum Stillstand kam und die Schwangerschaftskilos nicht runter wollten.

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Obwohl ich dieses wundervolle Wesen bei mir hatte nagte ständig diese Unzufriedenheit an mir nicht in meine alte Kleidung zu passen, denn schließlich war es doch für alle anderen so leicht die Kilos wieder zu verlieren.
Anstatt also das Leben zu leben und die Zeit mit meinen beiden Kindern zu genießen, wurde ich leise und verschloss mich, auch gegenüber meinem Partner.
Ich habe lange gebraucht, um zu verstehen, warum ich ein so extremes Schreikind hatte. Heute bin ich überzeugt, dass sie mir meine Angst nehmen wollte. Die Angst aufzuwachen, sie blau und leblos im Arm zu halten.
Ich weiß, dass es ihre Art war zu sagen :“Mama ich lebe noch“.
Als ich dann aber während einer schweren Krankheit anfing aufzuwachen und zu verstehen, wurde sie ruhiger und das Leben leichter.

Ich feiere am 23. August also nicht nur ihre Geburt, sondern auch die Weisheit unserer Körper und das Leben. An diesem Tag fühle ich das Leben durch mich fluten, ich weine vor Trauer und vor Freude, weil sie diese Welt um so viel besser macht.

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